Innovatives UI/UX Design treibt die Trends im Automobilsektor voran

Lange Zeit war UI/UX Design vor allem ein Begriff aus dem Webdesign. Die meisten von uns wussten: Umso besser das User Experience Design (UX) und das User Interface Design (UI), einer Website desto positiver die Nutzererfahrung. 

Mit der langsam fortschreitenden Digitalisierung rückt gutes UX/UI Design jedoch in immer mehr Branchen in den Vordergrund. Die Automobilindustrie ist da keine Ausnahme. Früher bestimmten fest verbaute Ausstattungsfeatures wie Sitze, Klimaanlage und Soundsystem die Benutzererfahrung. Jetzt sind User-Interfaces, ADAS- oder Fahrerassistenz-Systeme oder die Möglichkeit, coole Apps mit dem Auto zu verknüpfen, ausschlaggebend. Diese Fokusverschiebung wird mit Softwareisierung oder Smartification angedeutet: Autos werden immer mehr zu smart designten Gadgets, die auf allen Ebenen mit ihrer Umgebung vernetzt sind.

In unserem Artikel über die großen Automotive-Trends 2023 sind wir schon kurz darauf eingegangen, dass gutes UI/UX Design eine Schlüsselrolle in der Automobilindustrie 4.0 einnimmt. In diesem Deep Dive vertiefen wir das und zeigen, warum die wichtigsten Trends in der Automobilindustrie zunehmend auf innovatives UI/UX Design angewiesen sind.

Was ist UX-Design?

Kurz gesagt bestimmt das UX/UI Design eines Produktes, in diesem Falle eines Autos, die Nutzererfahrung. Sind die verschiedenen Bedienelemente leicht verständlich und intuitiv? Wie einfach lässt sich die persönliche Playlist mit dem Wagen vernetzen? Ist das Auto auch für andere Nutzer problemlos zugänglich, zum Beispiel beim Carsharing? 

Beim UI-Design geht es hauptsächlich um das technische Design, unter anderem von Buttons und Bedienelementen. Mit anderen Worten: Ist die Bedienbarkeit des Autos für die Fahrer verständlich? Im Gegensatz zum UI Design geht es beim  UX-Design um das Gesamterlebnis des Fahrzeuges. Tragen alle wichtigen Elemente des Autos dazu bei, dass der Fahrer das Auto als positiv bewertet? 

Das User Interface Design (UI) und das User Experience Design (UX) sind zwei unterschiedliche Expertisen, die aber nur in enger Zusammenarbeit eine positive Benutzererfahrung erzeugen können. Dieser Artikel beschreibt sehr gut, warum UX- und UI-Design gleich wichtig sind.

Was hat UX/UI Design mit den größten Automotive-Trends zu tun?

Die vier wichtigsten Trends in der Automobilindustrie werden unter dem Akronym CASE zusammengefasst. Es steht für:

  1. Connected (vernetzt): Autos werden immer mehr zu hochkomplexen Kommunikations- oder Datenzentren mit integrierten Hardware-, Software- und Cloud-Komponenten, die permanent auf allen Ebenen kommunizieren.
  2. Autonomous (autonom): Die Fahrerassistenzsysteme (ADAS) der meisten Automobilhersteller oder OEMs werden immer smarter. Das ultimative Ziel: Autos, die komplett selbstständig fahren können.
  3. Shared (gemeinsam genutzt): Jüngere Generationen wünschen sich immer weniger ein eigenes Auto, sondern kombinieren verschiedene Mobilitätsformen, wie den ÖPNV und Bikesharing- oder Carsharing-Dienste. Die neuesten Einsichten zu Shared Mobility bekommen Sie von unserem Senior Account Manager Denis Gryazev.
  4. Electric (elektrisch): Der Anteil der E-Autos am Pkw-Bestand steigt. Laut Statista gab es Ende 2022 über 1 Million zugelassene Elektroautos in Deutschland.

Die Softwareisierung oder Smartification setzt sich im Automobilsektor immer weiter durch. Um das volle Potential der Innovationen auszuschöpfen, müssen OEMs intensiv in ihr UI/UX Design investieren. Nur so können sie die beschriebenen Trends weiter vorantreiben und ihre alten Erfolge zeitgemäß neu gestalten. 

In den nächsten Absätzen beschreiben wir pro Trend die aktuellen Herausforderungen und Möglichkeiten im Bereich UX/UI Design. Wir liefern Ihnen spannende UX-Design Beispiele von verschiedenen OEMs und geben Ihnen neue Impulse mit auf den Weg.

1. Vernetzte Autos brauchen gutes UI/UX Design

Moderne Autos werden immer mehr zu hochkomplexen Kommunikations- und Datenzentren, die mit dem persönlichen Ökosystem des Fahrers vernetzt sind.

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Aus der Perspektive des UX/UI Designs muss diese Vernetzung technisch möglich sein und sie muss als positiv wahrgenommen werden. Wie ist der aktuelle Stand?

Auf technischer Ebene geht es rasant voran: Komplexe Cloud-, KI- oder AR-Lösungen sind verfügbar und können von erfahrenen Partnern wie Softeq umgesetzt werden. Innovationen im Bereich der interaktiven Sprachsteuerung (der Fahrer tritt mit KI in Dialog) oder der Augmented Reality (dynamische Inhalte werden in der Windschutzscheibe angezeigt) sind 2023 zu erwarten. Schwieriger wird es allerdings bei der positiven Wahrnehmung, denn hier konkurrieren zwei Aspekte miteinander. Auf der einen Seite möchten die OEMs ihren Nutzern möglichst viele Funktionen bieten, auf der anderen Seite muss alles möglichst übersichtlich und für die Nutzer einfach zu bedienen sein. 

Um die Balance zwischen Funktionalität und Verständlichkeit zu erreichen, rückt intuitives UI/UX Design immer mehr in den Vordergrund. Das Ziel von gutem UI/UX Design ist es, dass das Auto optimal in das persönliche Ökosystem des Fahrers integriert wird. Ein einheitliches Design spielt dabei eine Schlüsselrolle: Fahrer können ihr vernetztes Auto besser und mit mehr Spaß bedienen, wenn es sich so bedienen lässt, wie ihre anderen digitalen Geräte. Auch die verschiedenen OEMs sollten sich auf Dauer für ein einheitliches UI/UX Design entscheiden. Nur so können die connected Cars auch untereinander vernetzt werden: Für den Sharing-Trend ist dies von entscheidender Bedeutung. 

2. ADAS-Lösungen müssen kulturelle Unterschiede berücksichtigen

Bei der Entwicklung in Richtung autonomes Fahren spielt das Vertrauen, das die Fahrer in das Fahrassistenzsystem haben, eine entscheidende Rolle. Wenn sie die Kontrolle über ihr Auto abgeben, müssen sie sich darauf verlassen können, dass sie problemlos und vor allem sicher von A nach B kommen. 

Das UI/UX Design spielt hier auf zwei Ebenen eine entscheidende Rolle. Erstens müssen die ADAS-Lösungen aus technischer Sicht fehlerfrei funktionieren, zweitens müssen die Fahrer die autonomen Funktionen einfach aktivieren und wieder deaktivieren können. Ohne, dass sie sich erst durch eine komplexe Menüstruktur klicken müssen. Bei Vorgängen bei hoher Geschwindigkeit - navigieren mit Autopilot oder Spurwechselassistenz - sollten Schnellfunktionen vorhanden sein, bei denen die Hände am Steuer bleiben können. Ein gutes Beispiel sind das Model 3 und das Model Y von Tesla: Wenn der Fahrer den Schalthebel zweimal schnell nach unten drückt, wird die Autopilot-Funktion eingeschaltet. 

Auch Sicherheitsfunktionen wie zum Beispiel eine Notbremsautomatik, Spurhaltekorrektur und hindernisabhängige Beschleunigung müssen einfach zu bedienen und kontrollieren sein. Wenn sie in einer Situation nicht angemessen reagieren, muss der Fahrer schnell und intuitiv die Kontrolle über das Auto zurückgewinnen können. 

Um die Akzeptanz für autonomes Fahren weiterhin zu erhöhen, müssen außerdem kulturelle Unterschiede berücksichtigt werden. Das zeigt u. a. diese Studie über kulturspezifische Design-Anforderungen von autonomen Level 4 Fahrzeugen in China, Deutschland und die Vereinigten Staaten. In Deutschland wird das Vertrauen der Fahrer in ihr Fahrzeug stark durch das User Interface beeinflusst. In den USA hat das User Interface vor allem Einfluss auf das Wohlbefinden und den Komfort der Nutzer. OEMs müssen diese Unterschiede in ihrem Usability Design berücksichtigen.

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3. Shared Mobility funktioniert nur mit einheitlichem Design

Der Shared-Mobility-Trend ist auf Softwarelösungen angewiesen, die es schaffen, verschiedene Mobilitätsformen miteinander zu verknüpfen. Auch hier spielt das richtige UI/UX Design eine wichtige Rolle. Um dynamisch zwischen verschiedenen Mobilitätsformen oder Fahrzeugen wechseln zu können, ist ein schnelles Verständnis der Plattform oder App eine Grundvoraussetzung. Wenn ein Nutzer ein Shared Bike nicht öffnen und nutzen kann und deswegen seinen Zug verpasst, entscheidet er sich das nächste Mal ganz bestimmt für einen anderen Anbieter.

Leider geht es im Bereich der Shared Mobility nur sehr langsam voran. Die meisten OEMs investieren momentan in die Integration des persönlichen Ökosystems des Fahrers. Wenn Autos aber stärker mit ihren Besitzern vernetzt werden, macht das ein Sharing-Modell fast automatisch schwieriger. Eine Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen OEMs wäre hier wichtig. Mit einem einheitlichen UI/UX Design können sie sowohl die Fahrzeuge mit ihren Fahrern vernetzen als auch die verschiedenen Modelle und Marken für verschiedene Fahrer zugänglich machen. Gute UX/UI Designer schaffen es, die Persönlichkeit und den Wiedererkennungswert der Marke dabei nicht aus den Augen zu verlieren.

Automotive-Experte Denis Gryazev spricht in diesem Interview über die aktuellen Herausforderungen in der Automobilindustrie unter anderem über die Probleme und Möglichkeiten der Shared Mobility. Er sagt:

‘Für ein optimales Sharing-Erlebnis sind eine zentrale Plattform oder App und intuitive HMIs erforderlich. So können nicht nur Autos besser gemeinsam genutzt werden, sondern auch die verschiedenen Mobilitätskonzepte der Zukunft miteinander verknüpft werden.’ Denis Gryazev, Senior Account Manager, Softeq

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4. E-Autos als Treiber für innovatives UI/UX Design

Der E-Mobility-Trend ist ebenfalls auf gutes UI/UX Design angewiesen. Vielleicht mehr als die anderen drei Trends pusht er das UI/UX Design aber auch voran. In den Worten von Mathias Kuhn, Head of UX/UI Production bei Volkswagen, im Magazin von Volkswagen: ‘Man muss zum Teil etwas noch nie Dagewesenes schaffen.’

Er deutet damit auf neue Funktionen wie die Gestaltung von Fahrgeräuschen oder Ladevorgängen hin, die es bei klassischen Verbrenner-Autos so nicht gibt. Bei der Entwicklung von E-Fahrzeugen arbeiten UI/UX Designer im Idealfall eng mit Sound Designern zusammen, um so künstliche Sounds für die leisen E-Autos zu gestalten. Sie entwickeln nicht nur typische, Verbrenner-ähnliche Geräusche wie Blinker- oder Warngeräusche, sondern auch ganz eigene E-Geräusche wie Engine-On- und Engine-Off-Sounds. Die Fahrt soll so ‘klangvoll umschlossen’ werden und beim Nutzer das Vertrauen erzeugen, dass alles gut funktioniert. 

Auch beim Laden entstehen neue Herausforderungen für UI/UX Designer. Es müssen Lösungen entwickelt werden, die sowohl die Nachhaltigkeit von Elektrofahrzeugen optimieren als auch für ein positives Lade-Erlebnis sorgen. In diesem Bereich sind nicht nur die OEMs aktiv, sondern auch spezialisierte Designbüros oder Full-Stack-Anbieter. Das Open-Source-Project evcc ermöglicht es Fahrern zum Beispiel, über eine App mit dem eigen produzierten Photovoltaikstrom das E-Auto zu laden. Die übersichtlichen Funktionen sowie die ästhetische Interfacegestaltung sorgen für eine rundum angenehme Benutzererfahrung.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, das Image der E-Autos als hässliches Entlein zu durchbrechen. Viele Autoliebhaber müssen sich an das Design der E-Fahrzeuge gewöhnen und entscheiden sich zum Teil aus ästhetischen Gründen gegen die grünen Modelle. Auch dabei kann und sollte das UI/UX Design in Zukunft eine Rolle spielen. 

Zusammengefasst

Die Digitalisierung der Automobilindustrie schreitet weiter voran und gutes UI/UX Design rückt immer mehr in den Fokus. Die vier großen Automotive-Trends - CASE: connected, autonomous, shared und electric - sind alle auf ihre eigene Art auf innovative UI/UX-Lösungen angewiesen. Um das Auto der Zukunft entwerfen zu können und die nachhaltigen Ziele zu erreichen, müssen OEMs in hervorragendes UI/UX Design investieren. Sie müssen dabei unter anderem die Balance zwischen Funktionalität und Verständlichkeit bewahren, kulturelle Unterschiede berücksichtigen und ihre Fahrzeuge auch für andere Fahrer zugänglich machen.