Klimaneutrales Europa: Neue Chancen für Tech-Unternehmen

Im Jahr 2020 haben die EU-Länder einen neuen Kurs zur grünen Wirtschaft eingeschlagen, um die Lebensqualität der Menschen durch saubere Luft und Wasser, bessere Gesundheit und eine blühende Natur zu verbessern. Dies könnte nahezu jeden wichtigen Aspekt der europäischen Wirtschaft verändern - von der Energieerzeugung bis zum Lebensmittelverbrauch, von dem Transport und dem Bauwesen bis zur industriellen Fertigung. In diesem Artikel geben wir einen Überblick über die wichtigsten Pläne und erwarteten Maßnahmen, die die in der EU tätigen Tech-Unternehmen zu ihrem Gunsten nutzen können.

EU Green Deal: Einsatz neuer Technologien erforderlich

Der European Green Deal (EGD) ist ein Konzept für einen nachhaltigen ökologischen Wandel in den EU-Ländern. Sein Ziel ist bis 2050 die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren und Europa somit zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Die Europäische Kommission schlägt eine Reihe von Initiativen vor, um die Umwelt zu schützen und die grüne Wirtschaft zu fördern. Dies kann fast alle wichtigen Aspekte der Wirtschaft verändern. 

Die Digitalisierung der Industrie und intelligente Infrastruktur sind die Hauptvoraussetzungen, um die ambitionierten Klimaziele des Green Deal zu erreichen. Die Kommission fördert den aktiven Einsatz digitaler Technologien wie Künstliche Intelligenz, 5G, Cloud- und Edge-Computing und das Internet of Things. Dies eröffnet neue Perspektiven für Tech-Unternehmen, die sich mit sauberen Technologien beschäftigen.

Welche Branchen werden transformiert?

Die Kommission hat bereits eine klare Vision dazu präsentiert, wie bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität erreicht werden soll. Das Dokument umfasst folgende Prioritäten:

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  • Versorgung mit sauberer, erschwinglicher und sicherer Energie. Gegenwärtig stammen rund 75% der EU-Treibhausgasemissionen aus der Produktion und Nutzung von Energie. Der Sektor muss dekarbonisiert werden, um im Einklang mit der EDG-Politik zu stehen. Die Kohle wird weitgehend aus dem Energiemix verschwinden. Stattdessen werden die erneuerbaren Energiequellen eine wesentliche Rolle spielen.
  • Kreislauforientierte Wirtschaft. In der Zukunft sollen weniger Materialien verbraucht verden. Außerdem werden Anforderungen definiert, die das Recycling und die Reparierbarkeit von Produkten erleichtern, um deren Lebensdauer zu verlängern. Betroffen sind vor allem Branchen, die derzeit viel Abfall produzieren: Produktion von Textil, Kunststoffen, Elektronik, Lebensmitteln; Transport- und Baubranche. 
  • Energie- und ressourcenschonendes Bauen und Renovieren. Auf Gebäuden in Europa entfallen etwa 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der CO2-Emissionen. Derzeit sind etwa 35 % der Gebäude in der EU über 50 Jahre alt, und fast 75 % des Gebäudebestands sind energie-ineffizient. Daher hat eine verstärkte Renovierung bestehender Gebäude das Potenzial, zu erheblichen Energieeinsparungen zu führen.
  • Null-Schadstoff-Ziel für eine schadstofffreie Welt. Dafür sind zusätzliche Maßnahmen zur Vermeidung neuer Umweltverschmutzung sowie zur Bereinigung und Beseitigung bestehender Verschmutzung erforderlich. Zu diesem Zweck wird die Kommission 2021 einen Null-Schadstoff-Aktionsplan für Luft, Wasser und Boden vorbereiten. 
  • Ökosysteme und Biodiversität erhalten und wiederherstellen. Resistente Ökosysteme sind natürliche CO2-Senker, die die Anpassung der Natur an den Klimawandel unterstützen. Außerdem ist mehr als die Hälfte des weltweiten BIP – rund 40 Billionen Euro – abhängig von natürlichen Ressourcen. Aus diesem Grund ist die verstärkte Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme auf See und an Land erforderlich, um die biologische Vielfalt aufzubewahren und zu erhöhen. 
  • „Vom Hof auf den Tisch“. Die negativen Auswirkungen der industriellen Landwirtschaft sollen verringert werden. Der Einsatz von Pestiziden und Nährstoffverluste soll bis 2030 um 50% minimiert werden. Die Fläche des Ökolandbaus soll auf ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche ausgeweitet werden.
  • Umstellung auf eine nachhaltige und intelligente Mobilität. Auf den Transportsektor entfällt ein Viertel der Treibhausgasemissionen in den EU-Ländern, und sie nehmen weiter zu. Um diesen Sektor effizienter und sauberer zu machen, werden automatisierte Mobilität und intelligente Verkehrsmanagementsysteme eingesetzt. Die EU-Kommission rechnet bis 2025 mit etwa 1 Million öffentlichen Ladestationen und Tankstellen für die 13 Millionen emissionsfreien und emissionsarmen Fahrzeuge.

CleanTech-Unternehmen werden finanziell gefördert

Unternehmen, deren Aktivitäten den oben genannten Prioritäten entsprechen, können finanzielle Unterstützung erhalten. Laut Plan der EU-Kommission wird zwischen 2021 und 2030 öffentliche und private Investitionen in Klimaprojekte von mindestens 1 Billion Euro mobilisiert, davon:

  • 503 Mrd. Euro durch EU-Budgets
  • 279 Mrd. Euro durch das Investitionsförderungsprogramm InvestEU (öffentliche und private Investments)
  • 114 Mrd. Euro durch nationale Kofinanzierung einzelner Projekte in den EU-Mitgliedstaaten
  • 100 Milliarden Euro durch den sog. Mechanismus für einen gerechten Übergang (The Just Transision Mechanism)
  • 25 Mrd. Euro durch den Innovation and Modernisation Fund des EU-Emissionshandelssystems ("Emissions Trading System", kurz ETS)

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Darüber hinaus werden besonders betroffene Regionen und Sektoren, die stark von der Kohle-, Torf- oder Ölschieferproduktion abhängen, beim Strukturwandel durch Zuschüsse unterstützt. Insgesamt soll der Fonds für einen gerechten Übergang ("Just Transition Fund", kurz JTF) "grüne" Investitionen von mindestens 100 Milliarden Euro über den Zeitraum von 2021 bis 2027 zur Verfügung stellen.

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Die ersten geförderten CleanTech-Unternehmen in 2020

  • Drohne zur Wasserreinigung, RanMarine Technology (Niederlande). 'WasteShark' ist das weltweit erste autonome Drohnensystem zur Entfernung von schädlichen Abfällen aus dem Wasser. Das Gerät ist mit Sensoren ausgestattet und kann den Verschmutzungsgrad und andere Umweltindikatoren überwachen. Es wird elektrisch betrieben, ist emissionsfrei und kann Hunderte von Kilogramm Müll auf einmal sammeln. 
  • Smarte Abfallsammlung, Sensoneo (Slowakei). Sensoneo entwickelt eine smarte Lösung zum Abfallmanagement in Städten und Unternehmen. Das System umfasst smarte Sensoren, die mit Hilfe von der Ultraschalltechnologie den Füllstand von Behältern und Containern überwachen und die Daten über das Internet der Dinge (Sigfox, NB-IoT, LoRaWAN, GPRS) an eine cloudbasierte Plattform senden. Darüber hinaus ermöglicht das System die Optimierung von Abfallsammelrouten, -frequenzen und Fahrzeugbeladungen.
  • Energieumwandlungs-Technologie von Electrochaea (Deutschland). Das Unternehmen hat seinen eigenen Biokatalysator hergestellt, um kostengünstige und überschüssige Elektrizität und Kohlendioxid in erneuerbares Gas in Pipeline-Qualität umzuwandeln. Dieses Gas kann direkt in das bestehende Erdgasnetz eingespeist und im Verkehr, zur Stromerzeugung oder zur industriellen Beheizung verwendet werden. 
  • Bienenschutz vor Varroamilbe, Vatorex (Schweiz). Eine der größten Bedrohungen für die Bienenpopulationen sind die Varroa-Milben - Insekten, die sich von Honigbienen ernähren. Das Schweizer Startup entwickelte ein System, das 95% der Varroa-Milben auf saubere, chemikalienfreie Weise vernichtet. Die smarte Lösung erhitzt die Brutwaben einzeln, repetitiv und vollautomatisch mit einem eingebauten Heizdraht auf 41 Grad Celsius. Damit tötet sie die Insekten, ohne den Bienen dabei Schaden zuzufügen.
  • Umweltschonendes Flugzeug, VoltAero (Frankreich). VoltAero arbeitet an einem Hybridflugzeug Cassio, das Elektro- und Verbrennungsmotoren kombiniert. Cassio wird neun Sitzplätze haben und mit einer Reisegeschwindigkeit von 360 Stundenkilometer in Flugbereich bis zu 1.300 Kilometer fliegen.
  • System zur Erkennung von Schienenbrüchen, NGRT (Spanien). Die NRGT-Lösung erkennt Risse in den Schienen, die Schienentrennung und alle Anomalien innerhalb des Schienenprofils. Nach dem Identifizieren der Art der Anomalie sendet das System eine Warnung an die Gleisbauingenieure oder das Wartungsteam.
  • Umweltschonende Batterien, Greenvolt (Island). Das Unternehmen setzt Nanotechnologien zur Energiespeicherung ein, um innovative Batterien zu erstellen. Im Unterschied zu den Lithium-Ionen-Akkus sind sie umweltschonend, sicher und werden nicht erhitzt. Sie können in kleinen Netzwerken mit erneuerbarer Energieerzeugung eingesetzt werden.
  • Alternatives Düngemittel, N2 Applied (Norwegen). Das Unternehmen entwickelt eine Technologie zur Herstellung von Stickstoffdünger auf dem Bauernhof, bei der Stickstoff aus der Luft mit Ammoniak in Dung oder Biogasgärrückständen reagiert. Die Reaktion stoppt die Ammoniakverluste und erhöht den Stickstoffgehalt in der Gülle oder im Gärrest. Mit dieser Technologie können Viehzüchter Stickstoff wiederverwerten und ihren eigenen Dünger mit geringeren Treibhausgasemissionen, verbesserter Ressourceneffizienz und minimierten Kosten herstellen.

Diese Beispiele zeigen: CleanTechnologie profitiert vom digitalen Fortschritt - und von Unternehmen, die komplexe Lösungen mitentwickeln können. Auch das Full-Stack-Unternehmen Softeq hat beispielsweise mit
Lösungen für elektrische Autos und smarten HLK-Systemen relevante Produkte im CleanTech-Bereich betreut.

Mitarbeit: Anja Mutschler